Big Data und Data Analytics sorgen im Unternehmen immer mehr für eine Fülle nützlicher Erkenntnisse. Aufgrund von strukturierten Daten lassen sich Prozesse und Produkte immer besser optimieren. Sie ermöglichen aber auch ganz neue Business Cases und können sogar bestehende Geschäftsmodelle verändern. Heute wollen wir dem Phänomen Big Data ein wenig genauer auf den Grund gehen.
In den meisten Unternehmen sind viele Produktionsprozesse sehr komplex. Sie werden durch eine Vielzahl verschiedenster Einflussfaktoren stark beeinflusst und eine End-2-end Sicht ist meist fast unmöglich. Das Beziehungswissen zwischen den verschiedenen Elementen und Teilprozessen können selten in Modellen abgebildet werden. Vollständige und Szenario-fähige Optimierungen werden daher immer schwieriger.
Die rasante Entwicklung im Bereich (Cloud-) Computing und die damit gesunkenen Kosten für Rechenleistung und Speicherplatz, bieten neue Möglichkeiten. Big Data bietet statistische Verfahren, mit denen die Stärke der Abhängigkeiten (Korrelationen) von Eingangs- und Ausgangsgrössen bestimmt werden kann. Die Idee dahinter ist, dass nicht mehr ganze Modelle, sondern nur noch diejenigen Faktoren identifiziert werden, die den grössten Einfluss auf Produktionsmenge oder -qualität haben. Durch Einsatz von Big Data ergibt sich die Chance, dass die betroffenen Prozesse durch gezielte Manipulation der wichtigsten Einflussfaktoren mit relativ geringem Aufwand stark verbessert werden können. Gleichzeitig werden die untersuchten technischen Prozesse insgesamt transparenter, weil die verschiedenen Einflussfaktoren besser verstanden werden.
Produktentwicklung mithilfe aufgezeichnetem Nutzungsverhalten
Früher galt oftmals: Hat ein Produkt einmal die Fabrik oder das Unternehmen verlassen, dann gibt es nur noch wenige Informationen darüber, was mit dem Produkt geschieht bzw. wie es genutzt wird. Mit den neuen smarten Produkten hat sich dies deutlich geändert. Im Rahmen der zahlreichen Internet of Things Aktivitäten ist potentiell fast jedes Gut internetfähig. Dieser Trend gilt auch bei Produktionsmitteln wie Maschinen und Anlagen. Viele Maschinenbauer erfassen schon heute an zentraler Stelle laufend Daten ihrer sich weltweit im Einsatz befindenden Maschinen. Mit Zustimmung der Kunden, bietet diese Datenanalyse nun eine Vielzahl an Erkenntnissen, welche Verbraucher und Unternehmen gleich helfen kann.
Die ursprüngliche Idee dahinter ist vor allem die Verbesserung im Service und Qualitätsmanagement. Mit den durch Sensoren gesammelten Daten kann neben dem verbesserten Kundenerlebnis aber auch zusätzliches Wissen über die Nutzung der vorhandenen Funktionen gesammelt werden. Mit diesem Wissen kann der Fokus im Produktlebenszyklus künftig auf Features gesetzt werden, die wirklich verwendet werden. Andere, die wenig oder nie zum Einsatz kommen – und das Produkt eventuell verteuerten – können künftig entfallen oder werden nur den Kunden (mit Aufpreis) angeboten, die sie wirklich benötigen.
Service as a Service: Leistung wird wichtiger als Besitz
Ein ernstzunehmender Trend ist Bestreben vieler Anbieter von klassischen Produkten, ihre Marktposition durch neue werthaltige Servicemodelle zu verbessern. Statt ihrer Maschinen oder Geräte verkaufen sie dem Kunden direkt die mit einer Maschine oder einem Gerät erzeugte Leistung als Service. Das eigentliche Produktionsmittel bleibt dabei das Eigentum des Herstellers, der Kunde bezahlt nur für die mit dem bei ihm im Werk befindlichen Produktionsgut hergestellte und tatsächlich verwendete Leistung. Beispiele dazu sind Wärme statt Heizungen oder einzelne Portionen Kaffee anstelle von Kaffeemaschinen. Das Betreiben und Instandhalten von Anlagen bleiben dabei beim Produzenten – der Kunde konsumiert ausschliesslich die produzierte Leistung.
Um eine faire Nutzung des Produktionsmittels und gleichzeitig auch die geforderte Verfügbarkeit sicherzustellen, braucht der Hersteller genaue Informationen über die Nutzung seiner Maschine. Big Data, Data Analytics und IoT-Plattformen helfen beim Sammeln und Auswerten dieser Daten. Gleichzeitig wird die Optimierung von Verfügbarkeit und Produktionsausstoss der Maschine ermöglicht. Und zwar über alle Maschinen einer Serie hinweg und nicht nur bei einzeln eingesetzten Objekten. Diese Verbesserungen kommen einerseits dem Hersteller selbst zugute, da er die an den Kunden zu liefernde Leistung günstiger erstellen kann und damit profitabler oder wettbewerbsfähiger wird. Anderseits profitieren die Kunden über gewonnene Erkenntnisse und damit Produkt-Optimierungen einer ganzen Community.
Die Effiziente Lieferketten
Im Zuge der verteilten Produktion und Standardisierung von ERP-Systemen, findet eine immer engere Verzahnung von Lieferketten statt – auch Unternehmensübergreifend. Bei Störungen dieser Ketten kann es bis zum Produktionsstillstand kommen. In der smarten Produktion können Störungsursachen komplexe Wechselwirkungen haben. Ursache und Wirkung sind oftmals nicht mehr mit herkömmlichen Mitteln reproduzierbar. Eine Situationsgerechte Reaktion ist deshalb oft sehr schwierig.
Bereits heute findet Big Data in der Logistik breite Anwendung. Zum Beispiel können aus bereits bekannten Problemfällen potenzielle Störfaktoren identifiziert und beseitigt werden. Weiter können Lagerengpässe im Voraus ermittelt werden. Algorithmen werden trainiert und helfen, mit zukünftigen Herausforderungen sogar in Echtzeit umzugehen. Logistikprozesse können durch die Verknüpfung verschiedenster Eingangsinformationen effizienter geplant und kurzfristig an sich verändernde Situationen angepasst werden, um Störungen in der Lieferkette von vorneherein zu vermeiden.
Dank Big Data, Zeit und Ort durchbrechen
Immer mehr werden mit dem Einsatz digitaler Technologie Abläufe unterstützt, die früher ausschliesslich hoch qualifiziertes Personal bewirtschaften konnte. Assistenzsysteme für Produktion und Wartung werden durch den Einsatz von Big Data immer intelligenter und können den Mitarbeiter bei Problemen immer besser unterstützen. Komplexes Anwendungswissen wird über einfache Smartphone-Apps bereitgestellt. Das Smartphone wird dabei als universeller Sensor verwendet: Informationen können per Audio, Video und Benutzereingaben erfasst und an ein zentrales Analysesystem geliefert werden. Beim Einsatz in Spezialistenhand helfen solche Anwendungen mit, das vorhandene Expertenwissen zu sammeln und der zentralen Datenbasis hinzuzufügen. Dem unerfahrenen Bediener stellt die gleiche App Unterstützung für die gemeldete Problemsituation bereit. Das hat zur Folge, dass Wissen auf mehrere Schultern verteilt wird und die Produktion gesamthaft weniger abhängig von einzelnen Personen im Unternehmen abhängig wird. Je länger die App im Einsatz ist und je mehr Daten gesammelt und miteinander verknüpft werden, umso breiter ist die Datenbasis und umso besser wird die Hilfe. Gerade Herstellern von Serienmaschinen kann eine solche App helfen, das Wissen einzelner Anwender für einen breiteren Nutzerkreis zur Verfügung zu stellen.
Vom Hype zur Realität
Entgegen der letzten Jahre, taucht Big Data als Thema im Gartner Hype Cycle für Technologietrends 2018 gar nicht mehr auf. Dies aber nicht, weil sich die Wellen um das Thema geglättet hätten, sondern weil die Analysten davon ausgehen, dass Big Data in der Zwischenzeit so tief in das Geschäftsleben eingedrungen ist, dass man nicht mehr von einem Zukunftstrend reden kann. Laut Gartner sollte der breite Einsatz von Big Data heute bereits Realität in den Unternehmen sein. Die wichtigsten Basis-Technologien, die Anwendungen von Big Data ermöglichen, stehen heute jedem in Form von Open-Source-Lösungen zur Verfügung. Das prominenteste Beispiel für eine solche Technologie ist hierbei sicherlich Apache Hadoop. Zahlreiche Start-ups treiben die Weiterentwicklung verschiedenster Open-Source-Lösungen stetig voran und ergänzen sie um zusätzliche bezahlte Services, die den unternehmensweiten Einsatz vereinfachen.
Zusammenfassend…
Der potenzielle Nutzen von Big Data beschränkt sich nicht auf bestimmte Branchen. Man erwartet, dass sich in fast jeder Branche sinnvolle Anwendungen finden werden. Die an Big Data geknüpften Erwartungen sind dabei sehr vielseitig. Auf der einen Seite wird die Technologie als die Basis für neue Geschäftsmodelle angesehen, die ohne diese Technologien zuvor nicht möglich waren. Es entstehen neuartige smarte Produkte und Dienstleistungen. Alteingesessene Geschäftsmodelle können durch Big Data disruptiv zerstört werden. Durch den Technologieeinsatz werden strategische Wettbewerbsvorteile etabliert. Häufig wird Big Data aber auch zur Optimierung von bestehenden Produkten und Herstellungsprozessen eingesetzt. Die Qualität der Produkte wird verbessert, indem Nutzungsdaten konsequent ausgewertet werden. Big Data ermöglicht die Identifikation unentdeckter Kosteneinsparungs- und Optimierungspotenziale in bestehenden Prozessen und steigert damit die Produktivität über alle Unternehmensbereiche hinweg – von der Entwicklung über die Produktion bis hin zu Vertrieb und Service.