Ein clever befüllter und gut geführter Backlog ist einer der zentralen Erfolgsfaktoren für ein agiles Arbeiten. Bei all den agilen Methoden wie Scrum, Kanban oder SAFe, bildet der Backlog ein zentrales Element. Doch was zeichnet einen Backlog aus? Welche Arten gibt es? Und welche Vorteile bieten sie? Auf diese Fragen wollen wir im heutigen Blog vertiefter eingehen.
Vom starren Lastenheft zum agilen Backlog
Wenn man an klassische Projektmethoden denken, dann fallen einem vermutlich schnell das Lasten- oder Pflichtenheft ein – Dokumente, in denen die geforderten Ergebnisse und Funktionalitäten vom Auftraggeber niedergeschrieben, dann überprüft und schliesslich abgenommen werden. In der digitalen Welt ändern sich Anforderungen aber viel schneller, so dass man sich oftmals nicht leisten kann, Entwicklungen ab zu warten und erst dann auf neue Bedürfnisse einzugehen. Neue Anforderungen während der Entwicklung muss durch das Projektteam unmittelbar eingezogen und entsprechend priorisieren werden. Deswegen haben sich in den vergangenen Jahren agile Projektmanagement-Methoden entwickelt und deswegen arbeitet diese mit anderen Hilfsmitteln: mit Backlogs.
In den bisherigen Blogs über das Thema digitales / agiles Arbeiten („Scrum – oder vom Abschaffen des klassischen Chefs“ und „Schneller, flexibler, besser – wie agile Methoden die Unternehmenswelt verändern„) haben wir bereits vermehrt auf das zentrale Element Backlog hingewiesen. Doch was genau verbirgt sich dahinter? Gleich vorne weg: Der Backlog ist keine Revolution. Zunächst ist ein Backlog nichts anderes als eine Liste von Aufgaben bzw. Anforderungen, die ein Team abarbeiten muss. Der Unterschied zum klassischen Pflichtenheft liegt darin, dass Änderungen viel kurzfristiger einfliessen können und daher die Planungsgranularität wesentlich tiefer ist und die Planung auf einen kürzeren Horizont ausgelegt ist.
Der Anti Highlander: Es muss mehr als einen geben
Zur richtigen Umsetzung von Vorhaben braucht es mehr als nur eine Ebene. Auch das ist kein radikal neuer Ansatz. Bei klassischen Modellen fand man oft eine Einteilung in eher strategische, taktische oder operative Tätigkeiten. Die agilen Modelle unterteilen die Lieferergebnisse aber eher in „Kundengetrieben“ (Product Backlog) und „Umsetzungetriebene“ (Sprint Backlog) Tätigkeiten.
Der Produkt Backlog
Der Produkt Backlog ist der Kern eines jeden agilen Projekts. Denn er sammelt Anforderungen, die ein Vorhaben erfüllen muss. Das können zum Beispiel Funktionalitäten oder Fehler sein, die das Team implementieren bzw. beheben soll. Meistens bedient man sich sogenannter User Stories. Eine User-Story, beschreibt eine (neue) Anforderung aus der Sicht einer spezifischen Zielgruppe. Sie könnte beispielhaft folgendermassen formuliert sein:
„Als Besucher der Website möchte ich eine Suchfunktion nutzen können, mit der ich die gesamte Seite durchsuchen kann, damit ich schnell Antworten auf meine Fragen finde.“
Wie bei allen Projekten sind nicht Anforderungen gleich wichtig oder gleich aufwändig. Jede User-Story erhält eine Priorisierung und eine Aufwandsschätzung. Dadurch kann abgeschätzt werden, ob sie so schnell wie möglich umgesetzt oder erst einmal weiter nach hinten geschoben werden kann. Diese Einschätzung erledigt das gesamte Team (also zusammen mit dem Product Owner, welcher die Rolle als Ansprechpartner aller Stakeholder Inne hat). Der Product Owner liefert dabei typischerweise die Priorität der Anforderungen basierend auf dem Austausch mit den Kernansprechpersonen und dem höheren Geschäftsnutzen – das Team schätzt den Umsetzungsaufwand.
Wenn ein Projekt mehrere Teams umfasst, können die Aufgaben den jeweiligen Teams zugeteilt und somit Team Backlogs geschaffen werden. Sollte es nur ein Team geben, dann entspricht das Product Backlog ebenfalls dem Team Backlog.
Der Sprint Backlog
Ist der initiale Product Backlog erstellt, ordnet das Team die Anforderungen dem kommenden Sprint zu, d.h. der nächsten Iteration in der Umsetzung eines Vorhabens. Welche Anforderungen sollen zum Beispiel in den kommenden zwei Wochen umgesetzt werden? Das Team wählt selbstständig aus dem Product Backlog die User Storys mit den höchsten Prioritäten aus. Somit kommen Anforderungen, die ganz oben in der Liste stehen zum Zuge. Gleichzeitig schätzt das Team (zusammen mit dem Scrum Master), ob sich alle Anforderungen im gesetzten Zeitraum realisieren lassen. Wenn eine User Story zu umfangreich ist, wird die Story in kleinere Aufgaben – sogenannte Tasks – unterteilt.
Um einen Überblick über den aktuellen Stand der Umsetzung zu haben, bedient man sich eines Task Boards. Dabei werden die Stories oder Tasks in die Spalte ihres jeweiligen Zustandes wie z.B. „Backlog“, „To Do“ oder „Done“ eingeteilt und regelmässig aktualisiert bzw. in den richtigen Status verschoben. Dies geschieht typischerweise im Rahmen des daily Stand-Ups. Bei Teams, die physisch am selben Ort sind, kann dies an einer Wand mit Post-its gemacht werden. Bei verteilten Teams empfiehlt sich aber eine digitale Lösung. Dabei gibt es zahlreiche kostenfreie Lösungen – wobei Trello sicherlich die am meisten verbreitete ist
Video mit Kurzanleitung zum Gebrauch von Trello: https://www.youtube.com/watch?v=cL-yfHzpOjk
Zusammenfassend
Der Product Owner passt zusammen mit dem Projekt-Team den Product Backlog kontinuierlich an und Dabei wird stets den aktuellen Umständen und Wünschen der Stakeholder Rechnung getragen. Anforderungen können also de-priorisiert werden oder gänzlich wegfallen. Dieser Prozess nennt man Product Backlog Refining (oder Grooming), findet nach 5-10 Sprints statt und ermöglicht es, auf Änderungen schnell und flexibel zu reagieren. Gleichzeitig hat das Team stets eine klare Übersicht der Aufgaben, die sie abarbeiten müssen und nur eine Quelle der Informationen. Neben dem stärkeren Kundenfokus lassen sich auch Informationslücken oder Missverständnisse reduzieren. Sind die verschiedenen Backlogs öffentlich zugänglich, wissen auch die Stakeholder immer, an welchen Anforderungen das Team gerade arbeitet. Zusammengefasst bieten Backlogs also folgende Vorteile:
- Backlogs erzeugen Transparenz über erfasste Anforderungen, User Stories oder Tasks.
- Sie strukturieren die Umsetzung von Vorhaben oder die Produkten inhaltlich als auch zeitlich.
- Durch eine regelmässige, eindeutige Priorisierung sorgen Backlogs für eine hohe Akzeptanz bei Stakeholder.
- Backlogs sind ein gutes Arbeitsmittel für die beteiligten Rollen puncto Information und Klarheit der zu erledigen Aufgaben
- Gut gepflegte Backlogs sind stets aktuell und zeigen, woran gerade gearbeitet wird.
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